Datensparsamkeit: die Materialien von Zoom, Cloud und Co mitdenken

Stefan Laser

Die Corona-Krise hat unseren Umgang mit Daten nicht gerade bescheidener werden lassen. Der letzte Zoom-Call hat seine Spuren hinterlassen und das Streaming am Abend muss durch Strom und Energieressourcen erst einmal ermöglicht werden. Es scheint, als würde das Homeoffice mit den stundenlangen Zoom-Schleifen zum neuen Normalzustand werden. Es ist deswegen an der Zeit, über einen sparsamen Umgang mit Daten nachzudenken. „Datensparsamkeit“ steht bisher aber vor allem mit Verbraucher_innenschutz, dem „Recht auf Vergessenwerden“ und Datenschutz in Verbindung. Umweltpolitische Fragen haben wir noch nicht im Blick.

Deutlich werden die umweltpolitischen Implikationen bei Rechenzentren – dem Rückgrat der zeitgenössischen Digitalisierung. Die Branche ist zuletzt rapide gewachsen: Zwischen 2010 und 2018 haben sich die entsprechenden Recheninstanzen versechsfacht, der Internet-Protocol-Traffic der Systeme ist um ein 10-Faches gestiegen, die Speicherkapazität gar um ein 25-Faches. Rechenzentren sind energieintensiv, zwischen 1 und 1,5 Prozent des gesamten globalen Stromverbrauchs gehen nunmehr auf sie zurück, so die Schätzungen vor Corona. Rechenzentren sind ein zentraler Faktor der wachsenden Emissionen der Informations- und Kommunikationstechnologien, denn sind von fossilen Energiequellen abhängig und benötigen Unmengen Wasser zur Kühlung. Es ist entscheidend, diese Energienachfrage unter Kontrolle zu bringen. Dafür müssen konkrete Akteure adressiert werden – etwa Streaming-Dienste wie Netflix.

Das Unternehmen ist ein gutes Beispiel für den wachsenden Datenhunger, der einer Datensparsamkeit entgegensteht. Netflix strebt an, basierend auf „Big Data“ Verhaltensmuster zu identifizieren („Artificial Intelligence“) und für Werbeprodukte zu nutzen. Das Unternehmen ist nicht primär an Daten mit direktem Personenbezug interessiert, sondern an Mustern, die sich aus der kreativen Verbindung von Datenspuren ergeben – und je mehr Spuren, desto besser.

Verbraucher_innen werden einerseits immer mehr technologische Speicher und Nutzungsoptionen geboten. An sie wird aber andererseits auch zunehmend die Verantwortung für Sparsamkeit herangetragen. Das „Upgrade“ von Datensparsamkeit ist ein gutes Beispiel für eine moderne Verbraucher_innenpolitik, die neue Leitbilder und komplexe Wertschöpfungsketten ernst nimmt. Auch hier macht die Corona-Krise deutlicher als zuvor, welche schwerwiegenden Implikationen der „digitale Kapitalismus“ in sich trägt. Wir sollten beginnen, darüber zu sprechen, damit der Switch gelingen kann.

Foto: privat

Stefan Laser ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Siegen und forscht aktuell zur Infrastruktur der Bahn in Zeiten der ökologischen Transformation. Er hat zudem breit publiziert zum Thema Abfall und Elektroschrott im Besonderen. Auf der Website hightech-am-ende.de sind die Kernthesen des 2020 erschienenen Buchs Hightech am Ende für die interessierte Öffentlichkeit aufgearbeitet.